Die Runde zum Schwerpunkt Hörbehinderung war wieder bunt gemischt mit Mitgliedern des Deutschen Schwerhörigenbunds (DSB), dem Behindertenbeauftragten des HSK, SchülerInnen der AG Move It! und Mitarbeiterinnen des Projekts EinerwirALLE (Caritas/Aktion Mensch).
Am Bahnhof als Ausgangspunkt machte Susanne Schmidt, Vorsitzende des DSB in Arnsberg, auf den ersten Stolperstein aufmerksam. Die digitalen Anzeigetafeln zeigen nicht an, wann der nächste Zug einfährt. Als Mensch mit Hörbehinderung ist man allerdings auf das sogenannte Zwei-Sinne-Prinzip angewiesen: hören und sehen. Neben der akustischen Durchsage benötigt man also auch visuell die aktuellen Meldungen auf den Anzeigetafeln. Ähnlich ist die Situation in den rollstuhlgerechten Fahrstühlen. Für den Notfall gibt es ausschließlich eine sprachliche, d.h. akustische Kommunikationsmöglichkeit. Der Gedanke, im Fahrstuhl stecken zu bleiben ohne mit der Notfallstelle kommunizieren zu können, weil kein visueller Kontakt hergestellt werden kann, machte beklommen.
Weiter ging es zum Supermarkt. Auf dem Weg dahin galt es, die nächste Herausforderung zu meistern - den Straßenverkehr. Ein Mensch mit eingeschränkter Hörfähigkeit ist meistens nicht in der Lage, herankommende Autos zu hören, geschweige denn anhand des Motorengeräusches die Anfahrtsgeschwindigkeit oder -richtung abzuschätzen. Auch ein Fahrrad, das von hinten heransaust, ist - wenn überhaupt - nur durch die Fahrradklingel wahrnehmbar. Zudem hört man nicht, wenn von hinten jemand darum bittet, vorbeigelassen zu werden. Dies kann schnell als Sturheit oder Unhöflichkeit interpretiert werden, wobei der Mensch mit Hörbehinderung oft gar nicht bemerkt, dass er angesprochen worden ist.
Im Rewe-Markt auf der Ruhrstraße angekommen, erfuhren wir, dass dort auf individuelle Nachfrage sogar eine Einkaufs-Assistenz für Menschen mit Einschränkungen zur Verfügung gestellt werden kann. Die TeilnehmerInnen mit Hörbehinderung begrüßten außerdem die gut lesbaren Kassen-Displays. Fragen nach Kassenbon, Treuepunkten oder Payback-Karte stifteten allerdings Verwirrung, da sie bei den üblichen Nebengeräuschen im Supermarkt von Menschen mit Hörbehinderung kaum oder gar nicht zu verstehen sind. Mit der Spracherkennung über Handy hat es dann jedoch noch gut funktioniert.
Auch den MitarbeiterInnen von Bäckerei Kemper durfte das Handy "direkt unter die Nase" halten werden. Eine ungewohnte Situation für Beteiligte wie Zuschauer, aber Dank der Geduld und Offenheit des Personals war das Ergebnis sehr gut: eine Runde Kuchen für alle!
Beim gemütlichen Ausklang im Caritashaus wies Heinz Arenhövel, Behindertenbeauftragter des HSK, noch einmal darauf hin, wie wichtig es sei, Menschen mit Einschränkungen im Alltag zu erleben. So kann man Bewusstsein schaffen für die speziellen Bedürfnisse und entdeckt, dass schon mit ein bisschen Achtsamkeit eine Menge erreicht werden kann.
Überrascht hat, dass die TeilnehmerInnen bei diesem Stadtrundgang auf mehr Hürden gestoßen sind als in den zwei vorherigen Rundgängen mit dem Schwerpunkt Gehbehinderung. Darum stimmen alle Herrn Arenhövel zu, wenn er sagt: "Die Lebenswelt in Arnsberg und anderswo muss so verändert werden, dass sie für alle besser wird".
Wie dieser Stadtrundgang verlaufen ist, erfahren Sie auf unserem Facebook-Profil oder in diesem Videoclip.