Die Integration junger Migranten in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist eine Herausforderung, bietet aber auch eine Menge Chancen sowohl für die jungen Menschen als auch für die Arbeitgeber.
Wenn ein Rädchen ins andere greift - dann kann diese Integration durchaus erfolgreich sein und den jungen Menschen sowohl eine gesicherte Zukunft am hiesigen Arbeitsmarkt als auch einen dauerhaften Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland bieten. Dies kann als übermittelte Botschaft des erstmals durchgeführten "Best Practice Day" zum Thema Ausbildung gesehen werden, der am Mittwoch, 02. Februar 2022, in Kooperation zwischen dem Fachdienst Integration und Migration des Caritasverbandes Arnsberg-Sundern e.V. und der Handwerkskammer Südwestfalen im Berufsbildungszentrum bbz stattfand.
Ziel der Veranstaltung für junge geflüchtete Menschen aus Arnsberg und Sundern war die Vermittlung des Stellenwerts einer qualifizierten Ausbildung in einem anerkannten Beruf. In einer angeregten Podiumsdiskussion stellten sich Florian Welz von der Firma Westnetz zusammen mit seinem kaufmännischen Angestellten Abdikadir Osman Salim, Fliesenlegermeister Daniel Weiß aus Oeventrop mit seinem Azubi Mohamed Diallo und Nazanin Ahmadi, die eine Einstiegsqualifizierung in einer Sunderner Zahnarztpraxis absolviert, den Fragen der Moderator*innen Anke Oelmann und Daniel Büenfeld. Beide sind als Teilhabemanagerin zur Unterstützung junger, geflüchteter Menschen mit Duldungsstatus auf ihrem Weg in Ausbildung, Qualifizierung und Arbeit bzw. als Jobcoach im Landesprogramm "Durchstarten in Ausbildung und Arbeit" für den Caritasverbandes Arnsberg-Sundern e.V. tätig.
Die jungen "Best Practice Mentoren" berichteten von ihrem schulischen und beruflichen Werdegang seit ihrer Ankunft in Deutschland. Sie schilderten eindrücklich den Weg von der Entscheidungsfindung des Berufsfeldes über Praktikum bis hin zum ersehnten Ziel, dem Beginn der Berufsausbildung. Wo liegen die Hürden und Schwierigkeiten? Wie hoch sind die Herausforderungen für die jungen Migrant*innen, die als Nicht-Muttersprachler*innen den deutsch sprechenden Mitschüler*innen in der Berufsschule nicht gleich gestellt sind?
Durchhalten und dranbleiben!
In einem waren sich alle einig, es ist ein langer und harter Weg und neben einem starken Willen bilden Motivation, Fleiß und Ehrgeiz die Grundlage für einen erfolgreichen Berufsabschluss. "Du musst dran bleiben, auch wenn man einen Durchhänger hat, nicht aufgeben", so Herr Welz vom Unternehmen Westnetz, bei Problemen könne gemeinsam nach einer guten und individuellen Lösung gesucht werden, fügt er hinzu.
Der ehemalige Auszubildende der Firma Westnetz, Abdikadir Osman Salim, blieb konsequent am Ball: "Als ich ankam, hatte ich nichts und fühlte mich verloren. Als Mensch aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland waren mir die offiziellen Zugänge zur Sprachbildung verwehrt. Nur meiner Hartnäckigkeit habe ich es zu verdanken, dass ich nach einigen Jahren mein B2-Zertifikat in der Tasche hatte. Nach Praktika in verschiedenen Bereichen, angefangen beim Erzieher über Industriemechaniker bis hin zum Koch, landete ich schließlich bei der Firma Westnetz. Hier hatte ich die Möglichkeit Einblick in den Berufsalltag eines kaufmännischen Angestellten zu bekommen. Danach stand meine Entscheidung fest, ich wollte einen Beruf im kaufmännischen Bereich erlernen.", berichtet der junge Mann aus Somalia. Das Unternehmen Westnetz bietet jungen Menschen mit ihrer Einstiegqualifizierung "Ich pack‘ das" gute Berufsorientierung und Qualifizierung als Starthilfe zu einer erfolgreichen Ausbildung.
"Mittlerweile haben sich die Zugänge zur Sprachqualifizierung und Weiterbildung für die Zielgruppe junger Geflüchteter aus sicheren Herkunftsländern verbessert", so Mikail Ucarman, Dipl.-Sozialwissenschaftler bei der Stadt Sundern. "Den jungen Menschen, die nach Sundern kommen, bieten wir zusammen mit dem Caritasverband Arnsberg-Sundern e.V. und einem gut aufgestellten Netzwerk ein breit gefächertes und unbürokratisches Hilfsangebot bei der Suche nach Aus- und Weiterbildung an."
Ausbildung ab August
Dies bestätigt Nazanin Ahmadi, die sich seit kurzem in der Einstiegsqualifizierung als medizinische Fachangestellte bei einer Zahnarztpraxis in Sundern befindet. "Schon in meiner Heimat, dem Iran, interessierte ich mich für eine Ausbildung im zahnmedizinischen Bereich und wollte zunächst Zahntechnikerin werden. Sofort nach meiner Ankunft in Deutschland lernte ich eigenständig die deutsche Sprache und recherchierte nach Möglichkeiten der beruflichen Orientierung. Herr Ucarman und die MitarbeiterInnen des Fachdienstes beim Caritasverband Arnsberg-Sundern e.V. standen mir für meine Fragen immer zur Verfügung. Seit einigen Monaten werde ich intensiv von dem Jobcoach des Caritasverbandes, Daniel Büenfeld, begleitet. Intensiv haben wir meine Möglichkeiten sondiert und den für mich besten Weg ausgelotet. Nach einem Praktikum in einem Zahnlabor stand für mich fest, dass mir die Arbeit mit den Menschen fehlt. So entschied ich mich für eine Ausbildung als zahnmedizinische Fachangestellte. Seit Januar befinde ich in einer Einstiegsqualifzierung und werde voraussichtlich ab August in die eigentliche Ausbildung starten."
In einer von der Arbeitsagentur finanzierten 6-12 monatigen Phase können Betrieb und Azubi sich aufeinander einstellen und ein zukünftiges Ausbildungsverhältnis vorbereiten. Qualifizierte Beratung und fachliche Begleitung erhalten diese bei Udo Linnenbrink, Willkommenslotse der Handwerkskammer Südwestfalen. Das bundesweite Projekt der "Willkommenslotsen", gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), unterstützt im Rahmen des Programms "Passgenaue Besetzung" Unternehmen bei der Besetzung von offenen Ausbildungs- und Arbeitsstellen mit Flüchtlingen.
Auf dem Weg zur qualifizierten Fachkraft
Fliesenlegermeister Daniel Weiß bestätigt , dass das Modell der Einstiegsqualifizierung (EQ) von Erfolg gekrönt sein kann: "Die handwerkliche Begabung habe ich sofort bemerkt", so Herr Weiß über seinen Auszubildenden M. Diallo. "Ob er aber auch den Anforderungen in der Schule gerecht werden kann und zuverlässig ist, das wusste ich nicht. Nach einem Schülerpraktikum entschieden wir uns, es miteinander zu versuchen. Das EQJ bot uns dafür die Gelegenheit." Mittlerweile steht Herr Diallo kurz vor der Zwischenprüfung und "wenn alles gut geht, habe ich in 1,5 Jahren meinen Gesellenbrief in der Tasche", blickt er gespannt und optimistisch in die Zukunft: "Mit einer handwerklichen Berufsausbildung stehen mir als qualifizierte Fachkraft viele Türen offen."
Nach wie vor gibt es viele Hürden und Probleme für die jungen Menschen, so der Tenor aus den Reihen der Zuhörer. Vieles habe sich zwar verbessert, allerdings sei immer noch "viel Luft nach oben". Elementare Grundlage für einen erfolgreichen beruflichen Werdegang, da waren sich Podium und Zuhörer einig, ist vor allen Dingen die eigene Leistungsbereitschaft, Motivation und Beharrlichkeit. Denn letzten Endes, so fasst es ein treffender Beitrag aus dem Kreise der Teilnehmer zusammen, gilt: "Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren."
Nach einem informativen Abend mit angeregten Gesprächen gingen die interessierten Teilnehmer*innen mit neuen Eindrücken nach Hause. Im Nachgang werden wohl einige längst aufgegebene Pläne noch mal neu überdacht und neue Motivation geschöpft für das Ziel des ersehnten Wunschberufs.